Wortgeschichte

Hasel, Wal und Kokos: Namen für Nüsse und Früchte, die gerne Nüsse wären

Hier beim Zwiebelblog glauben wir bekanntermaßen fest daran, dass Essen noch leckerer wird, wenn man darüber Bescheid weiß, woher die Wörter für die Dinge kommen, die man isst. Deshalb haben wir euch vor einiger Zeit schon über die Etymologie von verschiedenen Beeren und Gemüse (Teil 1, Teil 2, Teil 3) aufgeklärt. Heute wenden wir unseren etymologischen Blick Nüssen aller Art zu – und anderen Früchten, die wir Nüsse nennen, auch wenn sie biologisch gesehen gar keine sind.

Beginnen wir aber zunächst einmal mit den Dingern, die wir Nüsse nennen und die auch biologisch gesehen in diese Kategorie gehören. Wenn wir Wikipedia Glauben schenken wollen, dann sind Nüsse im botanischen Sinne „Schließfrüchte, bei denen alle drei Schichten der Fruchtwand (d. h. des Perikarps) verholzt sind. Meist wird dabei nur ein einzelner, umgangssprachlich ebenfalls als Nuss bezeichneter Samen von der Nussschale umschlossen“.

Viele Früchte, die wir im allgemeinen Sprachgebrauch als Nüsse bezeichnen, fallen nicht unter diese Definition. Es handelt sich bei Erdnüssen, Kokosnüssen und so weiter stattdessen um Stein- oder Hülsenfrüchte. Das macht uns als Sprachbenutzer_innen aber gar nichts aus – wir nennen sie trotzdem Nüsse. Das Phänomen, dass eine fachsprachliche Definition nicht mit der laiensprachlichen übereinstimmt, kennen wir schon von der Zwiebel über Bezeichnungen für Beeren, auch da haben streng genommen nur die allerwenigsten Einträge zu der botanischen Definition von Beere gehört.

Da wir hier bei der Zwiebel keine Botanikexpertinnen sind, sondern uns für Sprachgebrauch interessieren, wollen wir uns hier heute auch nicht auf Nüsse im streng botanischen Sinn einschränken, sondern wir sind etwas großzügiger: Zuerst soll es um Früchte gehen, die im botanischen Sinn Nüsse sind und die wir auch so nennen. Dann kommen solche dran, die wir alltagssprachlich zwar Nüsse nennen, obwohl sie keine sind. Und dann gibt es am Ende noch zwei Ehrengäste, die weder Nüsse genannt werden, noch welche sind. Aber Cashewkerne und Mandeln gehören doch irgendwie ehrenhalber dazu, oder? Wir beginnen jetzt aber erst einmal mit den Nüssen, die sowohl im botanischen als auch im alltäglichen Sinne Nüsse sind – und das sind gar nicht mal so viele.

Heimische und fremde Nüsse

Den Anfang macht dabei die Haselnuss mit einer eher mysteriösen Wortherkunft. Die Haselnuss ist nach dem Baum bzw. Busch benannt, an dem sie wächst. Ich bezeichne diese Pflanze als Haselnussstrauch, aber früher hieß sie einfach nur Hasel. Schon im Althochdeutschen war das Wort als hasal verbreitet. Daraus, dass wir das Wort auf eine indoeuropäische Wurzel *kos(e)lo– mit der Bedeutung ‚Hasel‘ zurückführen können, können wir schließen, dass die Pflanze schon vor mehreren tausend Jahren in ganz Europa und Vorderasien verbreitet war. Darüber hinaus weiß man aber nicht genau, was das Wort bedeutet. Es hat aber ziemlich sicher nichts mit Hasen zu tun, auch wenn das Wort Hasel ein bisschen so aussieht.

Im Gegensatz zur Haselnuss ist die Walnuss nicht ursprünglich in Mitteleuropa heimisch und das zeigt sich auch an ihrem Namen. Die Nuss wurde in Mitteleuropa von den alten Römern eingeführt, kommt aber aus dem Orient. Und was hat das nun mit dem Wal– in Walnuss zu tun? Nun, der erste Wortbestandteil ist verwandt mit dem mittlerweile veralteten Adjektiv welsch, was eine Bezeichnung für alles aus südlichen Regionen ist, insbesondere für spanische, französische und italienische Dinge. Das Wort geht zurück auf die Bezeichnung für einen den Germanen benachbarten keltischen Volksstamm, den die Römer lat. volcae nannten. Im übertragenen Sinne wird welsch später auch ganz allgemein in der Bedeutung ‚fremd‘ verwendet. Damit ist die Walnuss die fremde Nuss – im Gegensatz zur heimischen Haselnuss. Fun Fact: Damit ist die Walnuss etymologisch mit dem Land Wales verwandt, das die Engländer ebenfalls nach dem keltischen Stamm benannten.

Einen deutlich weiteren Weg als die Walnuss hat die Macadamianuss, bis sie bei uns im Regal landet. Sie stammt nämlich aus Australien. In den 1850ern wurde der Macadamiabaum von zwei Botanikern „entdeckt“ (Ich denke, wir können davon ausgehen, dass sie den Aborigines schon etwas länger bekannt ist). Ferdinand von Müller und Walter Hill benannten ihre Entdeckung bzw. die gesamte Gattung Macadamia, zu dem der Macadamiabaum gehört, nach Dr. John Macadam, einem befreudeten australischen Wissenschaftler. Es scheint aber leider keine besondere Beziehung zwischen dem Baum und Dr. Macadam zu geben.

„Nüsse“

Nun wollen wir uns noch ein paar weitere Früchte anschauen, die im botanischen Sinne eigentlich gar keine Nüsse sind, sondern größtenteils (aber nicht nur) Steinfrüchte. Sprachlich bezeichnen wir Erdnüsse, Paranüsse, Kokosnüsse, Pekannüsse und Muskatnüsse aber trotzdem als Nüsse, weil sie ähnlich aussehen wie „echte“ Nüsse: Sie haben eine harte Schale und man kann das, was darin ist, essen.

Fangen wir mit etwas Einfachem an: Das Wort Erdnuss besteht aus den Bestandteilen Erd, also Erde und Nuss. Der Name kommt daher, dass es sich um Nüsse handelt, die in der Erde wachsen. Der Aufbau einer Erdnusspflanze gleicht damit ein bisschen dem der Kartoffel. Auch da essen wir ja nicht die oberirdischen Früchte, sondern Knollen, die in der Erde wachsen.

Die Paranuss hat noch viele andere Namen – sie ist auch als Brasilnuss, Juvianuss, Rahmnuss, Steinnuss und Tucanuss bekannt. Sie hat ihren Namen von dem brasilianischen Bundesstaat Pará, in dem der Paranussbaum wächst. Dass Essen nach dem Land oder Landesteil benannt wird, in dem es wächst, bevor es nach Europa kommt, ist ziemlich üblich. Zum Beispiel ist die Apfelsine im etymologischen Sinne ein ‚Apfel aus China‘, weil die Portugiesen sie aus China nach Europa gebracht haben.

Der Name der Kokosnuss kommt ebenfalls aus dem Portugiesischen. Coco bezeichnet kindersprachlich ein Schreckgespenst oder ein grinsendes Gesicht, weil die braune haarige Schale der Kokosnuss mit den drei Löchern aussieht wie das etwas gruselige Gesicht eines Menschen oder Affen. Ich kann in Abbildung 1 zwar nicht unbedingt ein Gesicht erkennen, aber vielleicht habt ihr ja etwas mehr Fantasie als ich…

Abbildung 1: Kokosnuss (Simsalabimbam, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons).

Bei dem Namen der Pekannuss handelt es sich um einen Pleonasmus: Die Franzosen nannten den nordamerikanischen Baum, an dem diese Nuss wächst, Anfang des 18. Jahrhunderts paccan, woraus sich der deutschen Name entwickelt hat. In der Sprache Cree bedeutet das Wort pakan aber einfach ‚Nuss mit harter Schale’. Damit ist die Pekannuss also gewissermaßen eine Nuss-Nuss.

Die Muskatnuss begegnet uns, anders als die anderen Nüsse und Nicht-Nüsse auf dieser Liste, eher nicht im Studentenfutter, sondern vor allem als Gewürz in der Küche. Auch sie hat ihren Namen aus dem Französischen, seit ca. 1300 ist die Bezeichnung franz. notemug belegt, also wortwörtlich ins Deutsche übertragen quasi „Nuss-Muskat“. Der Name bezieht sich auf den intensiven Geruch, der von der Muskatnuss ausgeht. Aus diesem Kontext ist uns Moschus, das deutsche Äquivalent zu franz. mug, auch eher bekannt. Das ist die Bezeichnung für das Sekret des männlichen Moschustiers, das in Parfüms und Deos als Duftstoff verwendet wird. Wenn man die Etymologie noch weiter zurück verfolgt, landet man irgendwann bei muskas, einem Wort aus dem Sanskrit, das ‚Hoden‘ bedeutet (weil die Drüsenbeutel mit dem Hodensack des Tiers verglichen oder verwechselt wurden). Dieses Wort wiederum bedeutet eigentlich ‚kleine Maus‘, weil wohl der Hodensack des Moschustiers aussieht wie ein Mäuschen. Auch hier hatte wohl jemand bei der Benennung mehr Fantasie als ich. Falls ihr noch mehr über unerwartete Genitalien in der Etymologie von alltäglichen Wörtern erfahren wollt, könnte ihr hier fündig werden.

Ehrengäste

Zum Schluss kommen wir noch zu zwei Ehrengästen auf unserer heutigen Liste: Auch wenn Mandeln und Cashewkerne weder Nüsse sind noch die Bezeichnung Nuss im Namen tragen, gehören sie doch irgendwie dazu. Im Studentenfutter machen sie sich ja auch ganz fantastisch neben Erd- und Haselnüssen. Außerdem brauche ich eine gute Ausrede, um euch ein Bild von einer Cashewfrucht zu zeigen.

Aber zuerst wollen wir uns der Mandel zuwenden. Schon seit dem Jahr 1000 gibt es die Bezeichnung mandala für die Frucht des Mandelbaums. Diese ist eine Entlehnung aus dem Lateinischen und geht auf das griechische Wort amygdálē zurück. Daher kommt auch die Bezeichnung Amygdala für einen paarigen Teil unseres Gehirns, der für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist – und von der Form her ganz ähnlich wie eine Mandel aussieht.

Zu guter Letzt möchte ich euch noch berichten, woher die Cashewkerne ihren Namen haben. Das Wort ist über französisch acajou und portugiesisch acajú zu uns gelangt. Das j spricht man dabei nicht wie ein i aus, sondern eher wie <sch>. Eigentlich kommt das Wort aus der brasilianischen Tupi-Sprache, in der das Wort acajuba schlicht den Baum bezeichnet, an dem Cashews wachsen. Das ist zugegebenermaßen deutlich weniger spektakulär als andere Wortgeschichten auf dieser Liste, aber wie schon angekündigt, muss ich euch zum Abschluss einfach ein Bild von Cashews am Baum zeigen.

Abbildung 2: Die Früchte des Cashewbaums (Abhishek Jacob, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons).

Ich hoffe, dieser etymologische Ausflug hat euch gefallen und ihr denkt das nächste Mal an den Zwiebelblog, wenn ihr zur Nussmischung greift. Guten Apetit!

Zum Weiterlesen
Wikipedia-Artikel Nussfrucht: https://de.wikipedia.org/wiki/Nussfrucht
Eintrag Erdnuss im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/wb/Erdnuss
Eintrag Haselnuss im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/wb/Haselnuss#etymwb-1
Eintrag Walnuss im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/wb/Walnuss
Eintrag welsch in Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/wb/etymwb/welsch
Eintrag macadamia bei etymonline: https://www.etymonline.com/word/macadamia#etymonline_v_2116
Wikipedia-Artikel Paranussbaum: https://de.wikipedia.org/wiki/Paranussbaum
Eintrag Kokosnuss im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/wb/Kokosnuss
Eintrag pecan bei etymonline: https://www.etymonline.com/word/pecan
Eintrag Moschus im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/wb/Moschus
Eintrag nutmeg bei etymonline: https://www.etymonline.com/word/nutmeg
Eintrag Mandel im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache: https://www.dwds.de/wb/Mandel
Eintrag cashew bei etymonline: https://www.etymonline.com/word/cashew

3 Kommentare zu „Hasel, Wal und Kokos: Namen für Nüsse und Früchte, die gerne Nüsse wären

  1. Danke für den erhellenden Artikel!
    Und dann gibt es noch Sammelnussfrüchte, wie zum Beispiel die Erdbeere. Denn die ist keine Beere, sondern eine Frucht, auf der sich viele kleine Nüsschen versammeln.
    Eine richtige Nuss ist übrigens auch die Buchecker. Ein sehr leckeres Nüsschen, das in manchen Jahren (Mastjahr) zu Tausenden von den Buchen fällt.

    Herzliche Grüße von Eurem neuen Fan – Renate Blaes am Ammersee

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