Wörter machen Sachen

Verkannt, kreativ und größenwahnsinnig: Die Verwendung von „Genie“

Die Bezeichnung Genie ist nur wenigen Ausnahmetalenten vorbehalten. Personen wie Albert Einstein oder Leonardo da Vinci, die der Wissenschaft unschätzbare Dienste geleistet haben, gelten als genial. Künstler wie Johann Wolfgang von Goethe und Ludwig von Beethoven ebenso. In jüngster Zeit sind es auch Geschäftsleute wie Steve Jobs, die den Status als Genie für sich in Anspruch nehmen. Eine Sache haben alle hier aufgezählten Personen gemeinsam: Sie sind Männer. Frauen werden im Allgemeinen nur selten als Genies bezeichnet. Genau das wurde vor Kurzem auch in einer Folge des ZDF Magazin Royale thematisiert. Wir wollen uns heute einmal anschauen, was es linguistisch gesehen mit dem Geniebegriff auf sich hat. Zuerst blicken wir auf die Etymologie des Worts und dann schauen wir uns genauer an, wer als Genie und genial bezeichnet wird – und wer eben nicht.

Vom Schutzgeist zum Ausnahmetalent

Zuallererst wollen wir uns der Etymologie von Genie widmen. Das Wort wurde Anfang des 18. Jahrhunderts aus dem Französischen entlehnt. Das französische Wort génie hatte damals die Bedeutung ‚Begabung, Geist, Talent‘ und geht ursprünglich auf das lateinische genius ‚Schutzgeist‘ zurück. Schon im Spätlateinischen hatte das Wort die Bedeutung ‚schöpferische Begabung, Talent‘ angenommen, mit der es dann ins Französische eingegangen ist. Außerdem hatte noch ein weiteres lateinisches Wort einen Einfluss auf die heutige Bedeutung, nämlich ingenium ‚Charakter, Begabung, Geist, Witz‘. Kein Wunder, dass die beiden Wörter bei der Entlehnung miteinander verschmolzen sind, sie sehen schließlich fast gleich aus und haben auch sehr ähnliche Bedeutungen.

Dass eine Vermischung der beiden lateinischen Wörter vorliegt, kann man auch daran erkennen, dass das deutsche Wort Genie im Laufe der Sprachgeschichte das Genus gewechselt hat: In den Werken von Lessing und Schiller tritt es noch als Maskulinum auf, also als der Genie, bevor es dann unter dem Einfluss des lateinischen Neutrums ingenium zum Neutrum wird, sodass wir heute das Genie verwenden. Jetzt, da wir wissen, woher das Wort kommt, wollen wir uns anschauen, wie das Wort genau verwendet wird. Darüber kann uns das Wortprofil im Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache (DWDS) Auskunft geben.

Exzentrische Genies der Freundschaft

Im Wortprofil wird dargestellt, welche Wörter statistisch gesehen besonders häufig mit einem anderen Wort gemeinsam auftreten. Dieses praktische Tool haben wir auch in vergangenen Zwiebelposts verwendet, um die Unterschiede zwischen miteinander verwandten Wörtern wie Trank und Trunk oder fliehen und flüchten zu untersuchen. Wir haben das Ganze jetzt auch mal für Genie und das dazugehörige Adjektiv genial ausprobiert. Zuerst gucken wir uns die Nachbarwörter von Genie genauer an:

Bei den Adjektiven, die mit Genie gemeinsam auftreten, kann man ein paar vielsagende Gruppen bilden. Es gibt dichterische, poetische, musikalische, mathematische und auch staatsmännische Genies, die schöpferisch und schaffend, also hauptsächlich kreativ sind. Genies scheinen demnach vor allem auf dem Gebiet der Kunst, aber auch in Politik und Wissenschaft vorzukommen.

Aber Genies haben es anscheinend nicht leicht – sie sind häufig verkannt, unerkannt und unverstanden. Besonders angenehme Zeitgenossen scheinen sie allerdings auch nicht zu sein, sie werden schlampig und schlampert, wahnsinnig, versoffen, exzentrisch und einsam bezeichnet. Auch das gehört zum Geniekult dazu – wir erwarten fast, dass Genies schwierige Menschen sind, die von inneren Dämonen getrieben sind. Das zeigt sich nicht zuletzt in den Nomen, die gemeinsam mit Genie auftreten: Mit großem Abstand am häufigsten ist hier die Kombination Genie und Wahnsinn. Auch Wahn und Wahnsinnige liegen auf den vorderen Plätzen, gleich neben Scharlatan, Verbrecher, Narr, Idiot, Dilettant und Größenwahn. Auch dass die Wörter Monster, Despot und Barbar häufig in der Nähe von Genie stehen, lässt nichts Gutes erahnen. Menschen, die als Genies bekannt sind, kommen oft sehr viel leichter mit schlechtem Verhalten davon als andere. Wer ein Genie ist, muss nicht freundlich sein, sondern kann seine Angestellten und sein Umfeld ruhig schlecht behandeln. Insofern decken sich diese Ergebnisse also ziemlich gut mit unserem allgemeinen Verständnis davon, wie Genies so sind.

Es ist aber nicht alles schlecht: In der Liste der häufigsten kombinierten Nomen stehen auch Handwerk, Leidenschaft und Fleiß. Diese Wörter erinnern uns daran, dass ein geniales Talent allein in den meisten Fällen eben doch nicht ausreicht, um es an die Spitze einer Disziplin zu schaffen. Welche Disziplinen besonders viele Genies hervorbringen, können wir erfahren, wenn wir uns die Genitivattribute anschauen, die mit Genie gemeinsam auftreten.

Am stärksten ist, vielleicht etwas überraschend, die Verbindung Genie der Selbstvermarktung. Ebenfalls unerwartet sind in Anbetracht der Adjektive aus dem vorletzten Absatz die hohen Werte für Genie der Kommunikation, Genie der Vermittlung und Genie der Freundschaft. Vielleicht ist es ja aber gerade hervorhebenswert, wenn jemand sich in diesen Gebieten genial hervortut, wo wir doch Genies eigentlich als exzentrische Einzelkämpfer abstempeln. Etwas weniger überraschend sind dann Genie des Weltfußballs, Genie der Naturforschung und Genie der Popmusik, die ebenfalls relativ häufig auftreten. Genie des Weltfußballs ist dabei tatsächlich eine offizielle Auszeichnung, die von der International Federation of Football History & Statistics im Jahr 2007 an Franz Beckenbauer vergeben wurde. Am häufigsten als Genie der Popmusik bezeichnet wird im zugrunde liegenden Textkorpus übrigens Brian Wilson von den Beach Boys – häufig in Kombination mit den Adjektiven tragisch und verloren.

Noch eine Wortkombination ist auffällig: Genie tritt oft mit dem Prädikativ männlich auf. Das passt ja sehr gut zu unserer Annahme vom Anfang des Textes. Aber lasst uns mal die Textbelege genauer angucken: „Ist Genie männlich?“, „Das Genie ist in manchen Köpfen immer noch männlich.“, „Klischees wurden ihnen zwar aufgetischt – dass das Genie männlich, das Talent hingegen weiblich sei, diese Geschichte also wieder -, verpufften aber weitgehend.“ – das klingt ja jetzt nicht wirklich zustimmend. Stattdessen geht es darum, dass die Idee, dass Genies immer nur männlich sind, infrage gestellt oder als überholtes Klischee kritisiert wird. Wir schauen uns weiter unten noch genauer an, wie das Geschlechterverhältnis aussieht, wenn man analysiert, wer tatsächlich alles so als Genie bezeichnet wird. Jetzt werfen wir aber erst noch einen kurzen Blick auf das Wortprofil von genial.

Schlichtweg geniale Erfinder

Bei genial fällt sofort ins Auge, dass im Gegensatz zu den Wortverbindungen mit Genie deutlich weniger Referenzen auf Menschen zu finden sind. Geniale Ideen, Einfälle, Tricks und vor allem Schachzüge dominieren hier die Listen. Wo aber eine geniale Erfindung ist, ist der geniale Erfinder natürlich auch nicht weit.

Wir finden hier auch noch ein paar weitere Felder, in denen Genies verbreitet sind: Es gibt anscheinend viele geniale Strategen und Spielmacher (vor allem natürlich im Fußball, aber auch auf dem Schlachtfeld), Konstrukteure und Baumeister, Tüftler, Mathematiker und Physiker. Das sind sicher nicht zufällig alles Felder, die im allgemeinen Verständnis als sehr komplex gelten. Von außen betrachtet muss jemand, der sich richtig gut mit Physik auskennt oder neue Dinge erfindet, sicherlich genial sein. Daneben sind auch zahlreiche geniale Dilettanten belegt, die einer musikalischen Subkultur angehörten, die sich wenig um technische Raffinesse scherte.

Zum ersten Mal finden wir hier nun auch ein explizit weibliches Wort, das genial ist: Die Verbindung geniale Freundin kommt immer dann vor, wenn über Elena Ferrantes extrem erfolgreiches Buch Meine geniale Freundin geschrieben wird, welches das erste Buch ihrer neapolitanischen Saga war. Dieser eine Eintrag im Wortprofil, der sich auf eine Frau bezieht, bezeichnet also eine Romanfigur, die sich eine Autorin ausgedacht hat – und immer nur nur auf diese. Mit den genialen Physikern und Spielmachern von eben waren immer jeweils unterschiedliche Männer gemeint. Außerdem waren die Männer, die wir bisher in den Belegen gesehen haben, dagegen alle real. Heißt das jetzt also, dass im wahren Leben nur Männer genial sind und geniale Frauen nur in der Fiktion vorkommen? Das habe ich anhand von einer Korpusuntersuchung überprüft.

Fiktive Wissenschaftler, reale Künstler

In den vom DWDS angebotenen Gegenwartskorpora mit freiem Zugang habe ich nach den Wortkombinationen „der geniale“ und „die geniale“ gesucht, um herauszufinden, wie viele und welche Männer und Frauen als genial bezeichnet werden. Aus den Ergebnissen habe ich aber alle Belege aus mündlichen Gesprächen und Blogs herausgefiltert, weil einzelne Blogs das Ergebnis extrem verfälschen könnten: Es bräuchte nur einen einzigen Twilight-Fanblog und schon hätte ich dutzende Belege darüber, was für ein komplettes Genie Stephenie Meyer ist. Natürlich ist auch meine Auswahl, die sich jetzt vor allem auf Zeitungsartikel und auch Wikipedia konzentriert, kein perfektes Abbild des Sprachgebrauchs. Aber ich fand es gerade bei diesem Thema wichtig, dass die Texte von mindestens einer zweiten Person redigiert wurden oder dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass andere Personen übermäßige Lobhudelei eindämmen. Das Ergebnis meiner Untersuchung ist überraschend und ernüchternd zugleich.

Fangen wir mit den genialen Männern an. Für die Abfrage „der geniale“ + Nomen haben ich 282 verwertbare Treffer bekommen. Acht Belege habe ich ausgeschlossen, weil es sich um Dubletten oder Verneinungen handelt. Mich interessiert ja heute nicht, wer kein Genie ist. Es war auch eine Selbstbezeichnung dabei, die ich ebenfalls ausgeschlossen habe. Wenn man nun noch die Treffer ausschließt, die sich nicht auf konkrete Menschen beziehen, dann bleiben 208 Belege übrig.

Bei 31 Belegen handelt es sich um fiktive Persönlichkeiten. Professor Moriarty, der Gegenspieler von Sherlock Holmes, wird zum Beispiel zweimal erwähnt. Überhaupt sind relativ viele Superschurken unter den fiktiven Genies, von denen wiederum verdächtig viele einen Doktor- oder Professorentitel tragen. Es gibt aber auch gutmütige Genies wie Daniel Düsentrieb aus dem Lustigen Taschenbuch und Q aus dem James-Bond-Franchise. Bei den fiktiven Genies handelt es sich überwiegend um Erfinder oder Wissenschaftler, aber es sind auch ein paar Geschäftsmänner darunter.

Bei den nicht-fiktiven Genies ist das Verhältnis etwas anders. Von den 178 realen genialen Männern handelt es sich nur in 23 Fällen um Wissenschaftler oder Erfinder. Nur Albert Einstein, Carl Friedrich Gauß und Leonardo da Vinci werden mehrfach erwähnt. Neben den Wissenschaftlern nehmen auch Sportler einen nicht geringen Anteil an den Genies ein. Vor allem handelt es sich dabei um Fußballer und Fußballtrainer, die insgesamt 16 mal vorkommen. Zweimal werden darunter Zinedine Zidane und Michel Platini genannt. In elf Fällen werden Politiker als genial bezeichnet, darunter so unterschiedliche Personen wie Karl der Große, Ronald Reagan und ein Minister aus dem Dritten Reich.

Die größte Gruppe wird allerdings von Künstlern aller Art gebildet. Insgesamt 62 Belege für geniale Musiker, Bildhauer Komponisten, Schriftsteller, Maler, Regisseure und weitere Kunstschaffende sind im Korpus enthalten. Auch hier gibt es überraschend wenig Doppelnennungen, allein John Lennon kommt zweimal vor. Das Feld der Kunst scheint also besonders viele Genies hervorzubringen – oder zumindest werden Künstler besonders gerne als Genies bezeichnet. Es ist ja ein ziemliches Klischee, dass der Erfolg von Künstlern nicht auf harte Arbeit und jahrzehntelanges Schuften zurückgeführt, sondern stattdessen einer angeborenen Genialität zugeschrieben wird. Dabei ist klar: Auch die großartigste Begabung führt nicht automatisch zu Ruhm und/oder Reichtum, wenn man nicht auch etwas Arbeit in die Karriere steckt. Durch die Bezeichnung als Genies kann man allerdings gut suggerieren, dass es der Person eben nicht so schwer gefallen ist als anderen aufgrund der großen Begabung. Schauen wir nun, ob wir bei den genialen Frauen die gleichen Verhältnisse vorfinden.

Die paar genialen Frauen

Es geht eigentlich ganz gut los: Die Suche nach „die geniale“ + Nomen in den ausgewählten Korpora ergibt 190 Treffer und damit gar nicht so viel weniger als bei den Männern. Nach dem Aussortieren erfolgt allerdings die Ernüchterung: Auf konkrete Frauen beziehen sich nur neun der Belege. Alle anderen Treffer entfallen auf geniale Ideen, geniale Erfindungen und so weiter. Einen großartigen Beleg für die geniale Hausfrau aus einem Benimm-Ratgeber aus den 1930ern möchte ich euch in diesem Kontext nicht vorenthalten: „Schon die Zusammenstellung des Menüs zeigt die geniale Hausfrau, denn auch das einfachste Abendessen wird durch richtige Komposition zum Kunstwerk.“ Einfach genial!

Und wer sind jetzt unsere neun genialen Frauen? Die fiktiven Genies sind auch hier Wissenschaftlerinnen – und eine Bond-Schurkin. Sie machen die Hälfte der Belege aus. Wie bei den Männern zeigt sich auch bei den restlichen fünf real existierenden Frauen der Hang zu genialen Künstlerinnen. Als genial bezeichnet werden Asta Nielsen, eine Stummfilmschauspielerin vom Beginn des 20. Jahrhunderts, die Schriftstellerin und Gartengestalterin Vita Sackville-West, die Journalistin und Herausgeberin Alice Schwarzer, die Bühnenbildnerin und Regisseurin Anna Viebrock und die Kamerafrau Claudia Becerril Bulos. Wissenschaftlerinnen wie Lise Meitner, Emmy Noether oder gar Marie Curie werden in den untersuchten Texten hingegen nicht genial genannt, auch Sportlerinnen, Politikerinnen und Geschäftsfrauen fehlen im Korpus.

Es ist auch auffällig, dass selbst unter den Künstlerinnen die offensichtlichen Namen fehlen. Clara Schumann, Bettina von Arnim und Annette von Droste-Hülshoff hat man ja nicht umsonst auf DM-Scheine gedruckt. Auch Mary Shelley, Jane Austen, Emily Brontë, Virginia Woolf – alle sind sie unbestritten absolute Größen ihres Fachs. Aber anscheinend genügt das nicht, um als genial bezeichnet zu werden.

Dass ich in meinen Daten so wenige weibliche Genies gefunden habe, kann natürlich auch damit zusammenhängen, dass ich nur eine Anfrage nach einer speziellen Konstruktion gestellt habe. Mit zusätzlichen Suchanfragen könnte man bestimmt (hoffentlich) noch weitere weibliche Genies zutage fördern. Aber es ist davon auszugehen, dass sich das Verhältnis zwischen den Nennungen von Männern und Frauen nicht bedeutend verschiebt, wenn man noch weitere Anfragen stellt.

Ich kann mir eher vorstellen, dass man noch weniger Belege für Frauen bekommt, wenn man beispielsweise nach Universalgenie suchen würde. Das wäre ja quasi die ultimative Steigerung des Genies, weil so jemand nicht nur auf einem Gebiet, sondern auf allen absolute Spitzenklasse ist. Ein kurzer Blick in Ergebnisse zu einer Suchanfrage zu Universalgenie zeigt zum Beispiel direkt mehrere Nennungen von Gottfried Wilhelm Leibniz. Aber um das genauer zu überprüfen, bräuchte es wohl eine eigene Zwiebel.

Ein geniales Fazit

Was lernen wir jetzt also aus der ganzen Untersuchung? Das Verhältnis der Gesellschaft zum Genie scheint kompliziert zu sein. Aus den Wortprofilen haben wir erfahren, dass Genies zwar gefeiert und bewundert werden, aber dass das Label auch mit viel Tragik verknüpft ist. Zu eng sind die Assoziationen mit Geisteskrankheit, Alkoholismus, Einsamkeit und Machtmissbrauch, um ein rein positives Fazit zum Genie zu ziehen.

Es gibt außerdem eine Schere zwischen realen und fiktiven Genies. In der Literatur sind oftmals Wissenschaftler_innen genial und häufig sind sie dann auch noch böse. Der geniale Wissenschaftler kann wohl als einer der Archetypen des Comic-Superschurken gelten. In der Realität werden zwar auch Wissenschaftler (kein generisches Maskulinum), aber vor allem Kunstschaffende als Genies bezeichnet. Darin zeigt sich die große Bewunderung, die denjenigen entgegengebracht wird, die scheinbar mühelos kreativ arbeiten.

Und was lernen wir aus dem Geschlechterverhältnis in den Daten? Die Untersuchung hat ganz schön gezeigt, dass man eher gewillt ist, Männer als genial zu betiteln als Frauen. Denn dass jemand wie Marie Curie, die als bisher einzige Person Nobelpreise in zwei unterschiedlichen Disziplinen gewonnen hat (Chemie und Physik), eine bahnbrechende Wissenschaftlerin war, steht ja außer Frage. Egal, ob sie nun regelmäßig als Genie bezeichnet wird oder nicht. Allerdings sehen wir geniale Frauen ja eher als die Ausnahme an. Frauen hatten (und haben…) halt nicht genial zu sein, sondern sollen sich um Haushalt und Kinder kümmern und den genialen Männern in ihrem Leben zur Seite stehen. Und wenn sich erfolgreiche Frauen so verhalten, dass man die oben im Wortprofil gefundenen Wörter mit ihnen assoziiert – exzentrisch, despotisch u.s.w. – dann führt das in der Regel nicht dazu, dass sie als Genies verehrt werden, sondern sie gelten als schwierig und hysterisch. Aber zurück zur Linguistik.

Es bleibt abzuwarten, was aus der Bezeichnung Genie in Zukunft wird. Wie der Blick ins Wortprofil von genial gezeigt hat, gibt es ja durchaus ein Bewusstsein dafür, wie männlich geprägt die Wörter sind. Eine mögliche Entwicklung wäre nun, dass in Zukunft bewusst mehr Frauen als Genies bezeichnet werden – oder vielleicht gerät das Wort auch einfach außer Gebrauch, gemeinsam mit der hartnäckigen Idee vom Genie und dem damit verbundenen Geniekult. Das zugehörige Adjektiv genial verbindet sich ja schon sehr regelmäßig mit nicht-menschlichen Nomen. Aber hier bei der Zwiebel können wir leider nicht in die Zukunft der Sprache schauen – so genial sind wir dann doch nicht.

Zum Weiterlesen:
Eintrag im DWDS für Genie: https://www.dwds.de/wb/Genie, abgerufen am 19.05.2024.
DWDS-Wortprofil für Genie, erstellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, https://www.dwds.de/wp/?q=Genie, abgerufen am 19.05.2024.
DWDS-Wortprofil für genial, erstellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, https://www.dwds.de/wp/?q=genial, abgerufen am 19.05.2024.

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