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Die beliebtesten Vornamen 2017: Marie und Maximilian oder Emma und Ben?

Es ist endlich wieder Namenslistenzeit! Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) hat ihre Auswertung der Babynamen veröffentlicht, die 2017 in Deutschland vergeben wurden. Bei der allgemeinen Liste hat sich nicht so besonders viel getan (In Klammern steht jeweils die Platzierung des Namens aus dem Vorjahr):

Mädchen Jungen
1. Marie (1) 1. Maximilian (3)
2. Sophie/Sofie (2) 2. Alexander (2)
3. Maria (4) 3. Paul (4)
4. Sophia/Sofia (3) 4. Elias (1)
5. Emilia (6) 5. Ben (7)
6. Emma (5) 6. Noah (9)
7. Hannah/Hanna (9) 7. Leon (5)
8. Anna (8) 8. Louis/Luis (6)
9. Mia (9) 9. Jonas (8)
10. Luisa/Louisa (11) 10. Felix (12)

Elias ist zwar der große Verlierer und Noah steigt um drei Plätze, aber ansonsten haben die meisten Namen ganz gut ihre Position gehalten. Es dominieren immer noch klassische deutsche Vornamen wie Marie/Maria, Sophie/Sophia oder Maximilian und Elias.

Das ist aber nicht die ganze Wahrheit: Häufig wird bei der Weitergabe dieser Listen durch die Medien (und entsprechend beim Lesen der entsprechenden Nachrichten) vergessen, dass es sich nicht um Erstnamen oder Rufnamen alleine handelt. Hier sind auch alle Zweit- und möglichen Dritt-, Viert- usw. Namen aufgelistet. Bisher konnten die Standesämter, von denen die GfdS ihre Daten bekommt, die Namen nur ohne Daten über ihre Position übermitteln. Für 2017 war das erstmals anders: Die Vornamen konnten nach Erst- und Folgenamen getrennt ausgewertet werden. Welche Unterschiede finden wir zwischen den beliebtesten Erst- und Folgenamen? Fangen wir mit den Listen für die Jungen an (kursiv sind Namen, die häufiger als Folgename als als Erstname vergeben wurden.

Erstnamen Platzierung in Gesamtliste Folgenamen Platzierung in Gesamtliste
1. Ben 5 1. Alexander 2
2. Paul 3 2. Maximilian 1
3. Noah/Noa 6 3. Elias 4
4. Leon/Léon 7 4. Paul 3
5. Jonas 9 5. Michael 39
6. Felix 10 6. Karl/Carl 19
7. Elias 4 7. Joseph/Josef 49
8. Louis/Luis 8 8. Johannes 34
9. Lukas/Lucas 11 9. Luca/Luka 13
10. Maximilian 1 10. Johann/Johan 32
11. Finn 14 11. Louis/Luis 8
12. Henri/Henry 12 12. Christian/Kristian 56
13. Emil 15 13. Anton 17
14. Luca/Luka 13 14. Andreas 69
15. Jakob/Jacob 16 15. David 18

Der Vergleich zeigt ganz erhebliche Unterschiede. Am überraschendsten: Die Nummer 1 der Gesamtliste, Alexander, taucht auf der Liste der beliebtesten Erstnamen überhaupt nicht mehr auf. Im Gegensatz dazu stehen fast alle der beliebten Erstnamen auch in der Gesamtliste sehr gut da, lediglich Jakob/Jacob ist außerhalb der Top 15 platziert – nämlich auf Platz 16. Die meisten der beliebten Folgenamen (wie bspw. Michael oder Andreas) tauchen auf der Gesamtliste hingegen gar nicht auf.

Jetzt blicken wir auf die Listen der beliebtesten Erst- und Folgenamen für Mädchen (auch hier wieder kursiv die Namen, die häufiger als Folgename als als Erstname vergeben wurden):

Erstnamen Platzierung in Gesamtliste Folgenamen Platzierung in Gesamtliste
1. Emma 6 1. Sophie/Sofie 2
2. Sophia/Sofia 4 2. Marie 1
3. Hanna/Hannah 7 3. Maria 3
4. Emilia 5 4. Luise/Louise 22
5. Mia 9 5. Sophia/Sofia 4
6. Anna 8 6. Elisabeth 23
7. Lina 14 7. Katharina/Catharina 25
8. Mila 15 8. Charlotte 12
9. Klara/Clara 13 9. Johanna 10
10. Marie 1 10. Emilia 5
11. Lea/Leah 16 11. Anna 8
12. Lena 17 12. Luisa/Louisa 11
13. Luisa/Louisa 10 13. Victoria/Viktoria 29
14. Ella 21 14. Josefine/Josephine 35
15. Leni 22 15. Mathilda/Matilda 21

Auch hier finden wir Unterschiede zwischen Erst- und Folgenamen und eine insgesamt größere Varianz als bei den Jungennamen. Ähnlich wie Alexander tauchen mit Sophie/Sofie und Maria die Nummer 2 und 3 der Gesamtliste überhaupt nicht auf der Liste der beliebtesten Erstnamen auf. Und auch hier sehen wir links eher kurze Namen mit vielen Vokalen und weichen Konsonanten, während rechts bei den beliebten Folgenamen eher lange Namen zu finden sind.

Daraus können wir unterschiedliche Schlüsse ziehen: Zum einen sehen wir, dass es anscheinend ein kleineres Repertoire für Folgenamen gibt als für Erstnamen. Wenn ein neugeborener Junge zwei Namen hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Zweitname Alexander ist, wesentlich höher als die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Erstname Ben ist. Wir sehen außerdem, dass die Namen, die als Erst- oder Folgenamen vergeben werden, sich voneinander unterscheiden: Erstnamen sind kurz, vom Klang her eher weich und solche, die als „kindgerecht“ empfunden werden. Das heißt, dass Kinder sie leicht aussprechen und schreiben können, aber auch, dass sie zu Kleinkindern passen: Finn klingt eher nach einem Namen für einen Zweijährigen als Karl-Heinz. Die Folgenamen sind länger, haben mehr Konsonanten und sind allgemein konservativer. Das sieht man vor allem an den Namen, die in der Tabelle kursiv sind, weil sie häufiger als Folgename vergeben werden als als Erstname.

Woher kommen diese Unterschiede? Ein Grund ist, dass in Deutschland die sogenannte Geschlechtseindeutigkeit für Vornamen vorgeschrieben ist. Das heißt, dass man von dem Vornamen, den jemand trägt, eindeutig auf das Geschlecht schließen können muss. Wenn man einem Jungen also einen Namen wie Luka gibt, der offiziell sowohl für Mädchen als auch für Jungen zugelassen ist, dann muss ein Zweitname vergeben werden, der eindeutig männlich ist. Das führt dazu, dass als Zweitnamen eher traditionelle Namen gegeben werden und seltener Modenamen, bei denen das Geschlecht oft nicht so eindeutig ist (wie eben bei Luka, aber auch Mika oder Kim).

Ein sehr großer Faktor in der Namenswahl für Neugeborene ist immer schon die Nachbenennung nach Heiligen, Pat_innen oder Familienangehörigen. Zum Beispiel sind als Erstnamen der älteren vier Geschwister meines Vaters jeweils die Vornamen ihrer Großmütter und Großväter gewählt worden. Mein Vater hatte dann zwar einen frei gewählten Erstnamen, aber die Folgenamen waren ganz klar für die Paten reserviert, auch wenn sie ziemlich unzeitgemäße Erstnamen abgegeben hätten. Der Zweitname meiner Mutter ist der einer Tante, die zur Zeit ihrer Geburt eine schwere Krankheit hatte. Wäre die Tante gestorben, hätte man erwartet, dass meine Mutter diesen Namen als Erstnamen bekommt. Das hätte sich 1960 einfach so gehört.

Mit der zunehmenden Globalisierung und Internationalisierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert hat sich die Namensgebung stark verändert. Es stehen viel mehr Namen zur Verfügung und mittlerweilehat der gesellschaftliche Druck der Nachbenennung sehr stark nachgelassen, sodass Eltern immer freier in der Wahl von Kindernamen sind. Niemand erwartet mehr, dass ein Kind nach Opa Reinhold oder Oma Elfriede benannt wird. Es ist stattdessen wichtiger, dass ein Rufname zeitgemäß klingt. Die Erst- bzw. Rufnamen von Kindern werden nach Lust und Laune (das heißt normalerweise nach Klang) vergeben. Bei der Wahl von Zweitnamen wird aber häufiger auf traditionelle Namen zurückgegriffen. Diese können Nachbenennung sein, müssen aber nicht.

Aus dem Auftreten von Christian, Andreas und Michael, die vor ca. 30-35 Jahren die beliebtesten Jungennamen waren, kann man aber auch vorsichtig schließen, dass Jungen die Namen ihrer Väter immerhin als Zweitnamen bekommen. Möglicherweise hängt das teilweise mit der Geschlechtseindeutigkeit zusammen: Wenn der kleine Mika schon einen Zweitnamen braucht, warum dann nicht gleich den von Papa? Und in den Folgenamen kann man auch eine Hommage an Oma Louise und Opa Josef verstecken, selbst wenn man das Kind nicht so rufen möchte. Das hat in der Vergangenheit wiederum nicht selten dazu geführt, dass das Kindern ihre Folgenamen unangenehm sind, eben weil sie so oft so unzeitgemäß waren. Ich weiß immer noch, wie peinlich einem meiner Lehrer sein sehr religiöser Zweitname war und, dass ich mal mit einem Benjamin Thor Arnold zur Schule gegangen bin, der damals auch nicht richtig von seinen Folgenamen begeistert war. Ich selber habe auch aus genau diesem Grund keine Folgenamen bekommen, weil meine Eltern ihre eben nicht leiden können.

Ein dritter Grund für die Wahl längerer Zweitnamen ist der Klang, der für die Wahl von Kindernamen insgesamt sehr wichtig ist. So lange Namen klingen zusammen mit den modernen knappen Erstnamen vom Rhythmus her angenehmer, als wenn man etwa zwei einsilbige Namen kombiniert: Ben Alexander Schmidt geht einfach etwas besser von der Zunge als Ben Paul Schmidt. Da viele der beliebten Mädchennamen sich so sehr ähneln, kann man auch diese nur schlecht kombinieren, ohne dabei Reime oder sogenannte Lallnamen (z.B. Lilli Lina, Platz 24 + Platz 6, oder Mia Lia, Platz 3 + Platz 30) zu erzeugen. Zumindest beim letzten Vokal kann man dann gut variieren, wie man am Auftreten von Luise und Sophie in den Folgenamen und Luisa und Sophia in den Erstnamen ablesen kann. So klingt Luisa Sophie doch besser als Luisa Sophia.

Viertens gibt es natürlich auch Erst- und Folgenamen, die besonders häufig im Doppelpack auftreten, zum Beispiel Finn-Luca, Anna-Lena oder Lisa-Marie.

Bei all diesen schönen Faktoren, die die Wahl von Folgenamen im Gegensatz zu den Erstnamen beeinflussen, bin ich schon sehr gespannt darauf, wie sich die Folgenamen in der nächsten Jahren verändern, wenn frischgebackene Großeltern vermehrt Christoph und Gabriele heißen und frage mich, ob sich das dann auch in den Zweitnamen niederschlägt oder ob sich einfach eine andere Art von Namenmode für die Folgenamen entwickelt. Falls ihr Folgenamen mit interessanten Geschichten habt, schreibt uns gerne einen Kommentar!

Zum Weiterlesen:

Die beliebtesten Vornamen 2017: Nord- und Ostdeutsche beweisen Individualität bei der Vornamenvergabe. Pressemitteilung der Gesellschaft für deutsche Sprache. 03.05.2018. https://gfds.de/die-beliebtesten-vornamen-2017/ (gesehen am 05.05.2018).

Ausführliche Auswertung: Vornamen 2017. Pressemitteilung der Gesellschaft für deutsche Sprache. 03.05.2018. https://gfds.de/ausfuehrliche-auswertung-die-beliebtesten-vornamen-2017/ (gesehen am 05.05.2018).

Liste von häufigen Erst- und Folgenamenkombinationen (mit Bindestrich) auf beliebte-vornamen.de: Knud Bielefeld: Bindestrich-Inferno. 16.04.2018. https://blog.beliebte-vornamen.de/category/namensfindung/ (gesehen am 07.05.2018).

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